5.-11. Juni 2016
Unsere Reise nach Rumänien um Ayana kennenzulernen… und sie nach Hause zu holen :-)
Mehr Fotos, Videos und immer wieder aktuelle Updates über Ayana findet Ihr auf www.ayana-meitli.blogspot.ch.
Der Bericht unserer Reise können Sie hier als PDF herunterladen.
Ayana
Letzten November sahen wir ein Video auf Facebook: Ayana - eine rumänische Hündin, welche zitternd in einer Zelle der Tötungsstation sitzt. Die Hündin hatte den Staupevirus überlebt, aber neurologische Folgeschäden davon getragen. Neben ihrem ständigen Zittern, das etwa so aussieht, als hätte sie non-stop Schluckauf, können auch epileptische Anfälle auftreten. Auf ihrer Nase befindet sich eine grosse Brandnarbe. In Rumänien ist es leider immer noch ein Volksglauben, dass der Staupe-Virus aus dem Hundekörper gebrannt werden kann.
Wir können nicht viel über ihre Vorgeschichte herausfinden. Ihre uns bekannte Geschichte beginnt in dieser Zelle, in die sie von Hundefängern gesteckt wurde, nachdem sie sie brutal aufgegriffen hatten. Tierschützer des Vereins Asociatia A Doua Sansa haben sie zusammen mit Stefania aus Bukarest befreit und aufgepäppelt. Ihr Schicksal berührte uns sehr und wir verfolgten die Maus per Facebook weiterhin. Sie wurde in einem privaten Tierheim untergebracht und wartete dort auf ein neues Zuhause. Wegen ihrer Epilepsie musste Ayana einzeln gehalten werden. Mit der Zeit wurde Ayana immer menschenscheuer und die Hektik des Tierheims, all die anderen Hunde und der Lärm lösten immer wieder epileptische Anfälle aus. Also spielten wir mit dem Gedanken, Ayana ein neues Zuhause zu bieten. Liebe und vor allem hundeerfahrene Menschen haben uns darauf aufmerksam gemacht, dass bei traumatisierten Hunden oft eine grosse Angst gegenüber Männern bestehe. Deshalb haben wir beschlossen, dass Ayana uns zuerst kennenlernen soll, bevor wir uns endgültig für eine Adoption entscheiden.
SONNTAG, 5.6.2016
Am Sonntag fahren wir gegen Mittag ab, mit 1800 km vor uns. Gegen Abend halten wir am Chiemsee um die Füsse etwas zu vertreten und für ein feines Geburi-Essen. Eine schöne Region die zum Verweilen einlädt, aber die Musse packt uns nicht, wir wollen noch ein paar Kilometer abarbeiten.
Ziel für heute ist ein Flughafen Hotel nach Wien, das nicht besonders gute Rezessionen auf Tripadvisor hat, aber Tiere erlaubt und laut Beschreib schalldicht ist. Also perfekt, falls wir Ayana auf dem nach Hause Weg dabei haben werden. Deshalb wollen wir das testen. Als wir nach 7 Stunden reiner Fahrzeit dort ankommen ist die Lobby pumpenvoll. Wegen eines Gewitters mussten mehrere Flüge abgesagt werden und die Passagiere sind in den Hotels in der Region gestrandet. Super, laut Rezeption sind alle Hotels in der Region ausgebucht und wir sind wirklich müde. Aber wir haben Glück und in der nächsten Raststätte hat es ein nettes Autobahnhotel, welches vom ganzen Rummel nichts mitgekriegt hat.
MONTAG, 6.6.2016
Ab Ungarn spinnt unser Navi – egal, wir haben die Karten ausgedruckt. In Rumänien ist die Autobahn nicht mehr durchgehend. Einerseits ist es schön, etwas von den Dörfern und der Landschaft zu sehen, anderseits ziehen sich so die fast 700 km durch Rumänien in die Länge und wir sind die Einzigen, die in den Dörfern auf 60 km/h reduzieren, während wir von Lastwagen und Autos von hinten fast angestossen werden. Eigentlich wäre das Geschwindigkeitslimit in den Dörfern 50 km/h, aber dann wären die hinter uns durchgedreht. In Lesnic machen wir einen Halt. Ein zufälliges Dorf entlang der Strasse mit ungeteerten Dorfstrassen und einem kleinen Lädeli, wo wir ein Glacé und etwas Proviant für die Weiterfahrt kaufen. Mit Händen und Füssen fangen wir ein sympathisches Gespräch an. Einzig, dass wir den ganzen Weg bis Bukarest für einen Hund machen, versteht die Frau nicht. Das hatten wir ja auch nicht erwartet.
Mit Schrecken stellen wir auf der Uhr des Handys fest, dass uns am Grenzübertritt eine Stunde geklaut worden ist (Tja, das kommt davon, wenn man nicht nachschaut, ob das Reiseziel immer noch in der gleichen Zeitzone ist. Zum Glück schaltet das Handy automatisch um, so bemerkten wir unseren Fehler noch.) Wir wollten heute nämlich nicht so spät mit der Hotel-Suche beginnen wie gestern. Da wir nicht einschätzen können, wie schwierig es sein würde, in den ländlichen Gegenden ein Hotel zu finden und im Dunkeln wollen wir nicht Autofahren. Deshalb halten wir im Städtchen Sibiu - Hermannstadt in Deutsch - welches mitten in Siebenbürgen ist, oder eben Transsilvanien Eine wunderschöne Gegend. Nachdem wir ins Hotel eingecheckt haben, schlendern wir noch etwas durch das Städtchen. Es ist zwar alles schon geschlossen, aber auf dem Platz herrscht noch Leben und feine Restaurants laden zum Verweilen ein. Ich hoffe, Graf Dracula lässt uns heute Nacht in Ruhe schlafen :-)
DIENSTAG, 7.6.2016
Heute starten wir früh, da es um Sibiu herum Morgenverkehr hat und wir mit Stefania in Bukarest um 11 Uhr abgemacht haben. Um 6.30 Uhr Ortszeit (und für alle Morgenmuffel wie mich, das wäre 5.30 Uhr Schweizer Zeit ) sitzen wir schon wieder im Auto. Die Fahrt bis Bukarest führt uns durch schöne Schluchten und Landschaften. Rumänien ist sicher mal ein Besuch wert. Aber momentan fühlen wir uns gar nicht wie Touristen. Um 10 Uhr erreichen wir den Moloch Bukarest. Unser Hotel ist in einem Aussenbezirk, in der Nähe wo Stefania wohnt. Stefania hat Ayana letzten November aus der Pallady Tötungsstation geholt. Offiziell ist es ein öffentliches Tierheim, aber die Tiere haben genau 2 Wochen Zeit, um adoptiert zu werden. Stefania ist 28 Jahre alt und arbeitet in einem Casino und nimmt Sportwetten entgegen. Eigentlich hat sie Verkehrswissenschaften studiert, findet aber keinen Job, oder nur einen, der sehr viel weniger Geld einbringt als die Arbeit im Casino. Aufgrund der langen Arbeitszeiten von 10-24 Uhr, arbeitet sie nicht jeden Tag und die restliche Zeit nutzt sie für „ihre“ Hunde. Früher hatte sie die Strassenhunde in ihrer Umgebung gefüttert und bei Krankheit gepflegt, aber seit das Tötungsgesetzt 2013 erlassen wurde, sind die Strassenhunde nicht mehr sicher. Ein 3-Zimmer-Wohnung in Bukarest kostet im Monat 200 Euro, das Kopfgeld auf einen Hund ist 50 Euro – jetzt kann man sich ausrechnen, wie viele Hunde man fangen muss, um die Miete zu bezahlen Das Gesetzt zeigt riesengrosse Missstände auf, aber darum sind wir diesmal nicht da. Diesmal geht es darum, Ayana kennenzulernen. Stefania nimmt sich ein paar Tage Zeit für uns und wir sind ihr sehr dankbar dafür.
Als erstes halten wir in einem Maxi Pet Laden um noch etwas Futter für Stefanias Hunde im privaten Tierheim zu kaufen. Für die 35 km zum Tierheim in Gradistea brauchen wir über eine Stunde. Als wir endlich Bukarest verlassen, sind wir schnell wieder auf dem Land mit Pferdetransportwagen und ungeteerten Strassen, sobald wir die Hauptstrasse verlassen. Der Unterschied zwischen Stadt und Land ist eindrücklich.
Als wir in das Tierheim eintreten, beginnt eine Kettenreaktion von Bellen. 250 Hunde wohnen momentan in diesem privaten Tierheim in Gradistea. Im vorderen Teil sind nur 3 Gehege, aber es herrscht schon da ein hektisches Treiben der Hunde. Viele wollen einfach Aufmerksamkeit und Liebe, einige haben Angst und verkriechen sich. Eine Handvoll Hunde darf frei herumlaufen.
Das ist der vordere Teil des privaten Tierheims in Gradiesta. Es gehört Cristina und ihrem Mann. Die beiden wohnen momentan noch bei den Eltern des Mannes, gegenüber dem Tierheim. Der Rohbau wird ihr Zuhause. Das heisst, sie werden mitten in diesem Tierheim wohnen.
Und so sieht es aus, wenn man reinkommt. Im Zimmer links des Rohbaus lebt Ayana. Sie wurde von den anderen Hunden getrennt, da sie bei einem Epianfall angegriffen werden könnte. Im vorderen Teil hat es 3 Zwinger. Einer für die Welpen, einer für Junghunde und einer für erwachsene Hunde. Eine Handvoll Hunde darf frei rumrennen. Ausserhalb der Zwinger gibt es auch 2 Hunde, die mit einer Kette an eine Hundehütte gebunden sind. Der eine sei aggressiv den Hunden gegenüber, der andere Menschen gegenüber. Darum müssen sie angekettet sein.
Wir sind etwas von den um Liebe wetteifernden Hunden überfordert und begrüssen die Freilaufenden und gehen dann zum Haus um endlich Ayana zu begrüssen. Unsere Spannung ist gross, auf diesen Moment haben wir lange gewartet. Seit März kann sie niemand mehr anfassen. Da hatte sie einen schlimmen Epianfall und musste zu Boden gedrückt werden, damit sie sich nicht verletzt.

Normalerweise verschwindet sie in ihrem Häuschen, wenn Leute in ihr Zimmer kommen. Aber wir setzen uns einfach abwechselnd in eine Ecke ihres Zimmers, lesen ein wenig und offerieren Ayana etwas Cervelat. Ins Häuschen geht sie nur kurz, die Cervelat ist zu fein Aus der Hand will sie nicht fressen, aber wenn ich es mir auf das Knie lege, wird die Cervelat geholt.
Derjenige, der jeweils nicht bei Ayana ist, schmust etwas mit den anderen Hunden, die sich sehr darüber freuen.
Nach ein paar Stunden – wir wollen ja Ayana nicht überfordern – fahren wir wieder nach Bukarest, um uns von der Ärztin der Klinik erklären zu lassen, welche Medikamente Ayana braucht und wie man bei einem Epianfall mit Ayana umzugehen hat.
Das private Tierheim, in welchem Ayana lebt, finanziert sich von selbst, in dem es sich jeden Hund bezahlen lässt. Dafür müssen diejenigen, die Hunde reinbringen, Paten suchen oder selbst die 30-40 Euro pro Hund im Monat bezahlen. Dieses Modell betreiben alle privaten Tierheime. Das Tierheim der Asociatia A Doua Sansa in Glina ist etwas anders. Im Tierheim der Asociatia A Doua Sansa wird jeder Hund aufgenommen, wenn der Platz da ist. Ob gefunden auf der Strasse, ausgesetzt, aus der Tötung gerettet oder angefragt von einem anderen Menschen mit Herz für die Hunde. Die Organisation Asociatia A Doua Sansa probiert natürlich auch Paten für die Hunde zu finden, kann es sich aufgrund des Aufbaus als Organisation aber leisten, zuerst zu Handeln und sich nachher ums Finanzielle zu kümmern. Stefania arbeitet als Volontärin bei der Organisation und die Rettung von Ayana war eine gemeinsame Aktion. Im Tierheim in Glina leben auch fast 300 Hunde. Deshalb entscheiden wir uns, dass das Tierheim Glina die Sachspenden, die wir aus der Schweiz mitbringen durften, besser brauchen kann. Um den Hunden noch eine Freude zu machen, besorgen wir noch Feuchtfutter – natürlich im Maxi Pet, wo sonst (wir sind sicher die besten Kunden in diesen paar Tagen, mindestens 2x pro Tag gehen wir was kaufen – zum Glück ist das Geschäft fast neben unserem Hotel ) Als wir alles im Auto verstaut haben, lotst uns Stefania auf die andere Seite von Bukarest, um es Ioana, der Leiterin der Organisation Asociatia A Doua Sansa zu bringen. Die Zeit um das Tierheim zu besuchen haben wir leider nicht, da wir schon über eine Stunde gebraucht haben, um durch Bukarest zu fahren. Ioana nimmt die kranken Welpen des Tierheims jeweils mit nach Hause und hat momentan 5 am Parvovirus erkrankte Welpen da und wird diese Nacht noch ein paar Mal zur Klinik fahren um alle zu versorgen. Auf dem Weg zum Hotel stoppen wir abermals bei diesem Einkaufszentrum mit Maxi Pet. Dieses Mal gehen wir aber in einem Schnellimbiss was essen. Wir haben Hunger, aber die Energie reicht einfach nicht mehr für ein richtiges Restaurant. Beim Rausgehen füttert Stefania die beiden Hunde der Wachmänner des Einkaufzentrums. Die Hunde gehören einfach irgendwie zu den Wachhäusern, in denen die Wachmänner hocken und die Bevölkerung füttert sie. Beide sind kastriert und haben eine Marke im Ohr. Stefania kennt sie und weiss wo sie zu finden sind.
MITTWOCH, 8.6.2016
Heute Morgen holen wir mit Stefania den Hund Rexi bei einer Freundin von Stefania ab. Stefanias ganzes Umfeld hat mindestens einen Hund Stefanias Eltern haben sogar 6. Für Rexi fragte sie eine Freundin an, ob er nicht ein paar Tage bei ihr wohnen könnte, bis sie einen Platz für ihn gefunden hätte. Unterdessen lebt er schon ein Jahr bei der Freundin und er braucht immer noch dringend ein Zuhause für immer, da er sich mit einem der Hunde nicht versteht. Bei Rexi wurde eine Masse im Bauchraum festgestellt und er wird heute operiert. Deshalb holen wir ihn mit Stefania ab und bringen ihn in die Klinik.
Dann abermals zu Maxi Pet, weil wir nochmals ein Stapel Feuchtfutter kaufen wollen um heute alle Hunde des privaten Tierheims, in welchem Ayana wohnt, zu verwöhnen.
Und wieder werden wir mit freudigem Bellen begrüsst. Zu unserem Erstaunen sind die meisten Hunde extrem sozial und Menschen zugewandt, obwohl viele von ihnen schon Schreckliches erlebt haben. Ayana begrüsst uns mit einem Schwanzwedeln und unsere Herzen machen ein paar Sprünge extra. Den Tag verbringen wir wieder gleich wie gestern. Abwechselnd sitzen wir bei Ayana und verwöhnen sie mit Cervelat. Der andere streichelt die Hunde in den Zwingern oder hilft Stefania beim Auffüllen der Wassereimer. Heute wird es wieder warm. Stefania schert noch 2 ihrer Hunde um sie auf die Sommerhitze vorzubereiten.
Gegen Abend bereiten wir das Nachtessen für die Hunde vor: das Feuchtfutter wird mit Trockenfutter in Bottichen auf einem Schubkarren gemixt. Die freilaufenden Hunde riechen das Feuchtfutter und sind so aufgeregt, dass sie nicht warten können, bis ihnen das Futter serviert wird. Siestrecken ihre Nasen schon ins Futter während wir noch am Mischen sind.
Einer der Hunde der herumsteht ist Angel. Und Stefania bitte mich so nebenbei Angel zu füttern. Da ihm der Oberkiefer fehlt, kann er nur essen, wenn man ihm mundgerechte Stücke in den Mund schiebt. Angel wurde als Welpe in die Tierarztpraxis gebracht, in welcher Cristina - die Tierheimbesitzerin - arbeitete. Er hatte einen Unfall und neben dem Oberteil der Schnauze viel Blut verloren und war im Schockzustand. Da die Tierärztin, die einschläfert nicht da war und Cristina nicht einschläfern kann, machte sie eine Narkose. Da Angel so schwach war und so viel Blut verloren hatte, sollte er die Narkose nicht überleben und nicht mehr aufwachen. Doch am nächsten Morgen kam Cristina zurück zur Praxis und da stand Angel (daher der Name) und wedelte sie an. Der Kleine hatte einen riesigen Überlebenswillen und so versuchte Cristina bei mehreren Spezialisten in Bukarest seine Nase wieder etwas herzustellen. Aber Angel hat einfach nicht genügend Eigenfleisch und Haut an der Stelle, um überhaupt irgendwo anzusetzen. Das ist jetzt 2 Jahre her und er lebt seither bei Cristina. Er ist einer der freilaufenden Hunde und er spielt und schmust gern. Cristina füttert in jeden Tag von Hand und ihm geht es wirklich gut wo er ist. Einen Moment habe ich mir überlegt, ob man in der Schweiz eventuell mehr für ihn tun kann, aber ich glaube er ist glücklich wo er ist und in der Schweiz würde er nie so natürlich aufgenommen wie in Rumänien. Also hole ich kurz Luft, schlucke leer und stecke meine Hand in die Feuchtfutterdose und nach dem dritten Happen sind Angel und ich ein eingespieltes Team.
Nach dem Verteilen des Futters im vorderen Teil bereiten wir eine nächste Schubkarre für den mittleren Teil des Tierheims vor. Der mittlere Teil ist eine Art Hof mit Zwingern auf allen 4 Seiten. Es reiht sich Zwinger an Zwinger und in jedem wohnen 2 bis 6 Hunde. Als wir mit dem Feuchtfutter reinkommen, flippen die Hunde fast aus. Sie bekommen sonst nie Feuchtfutter und haben schnell gerochen, dass heute etwas Besonderes auf dem Speisezettel steht. Das Problem ist, dass dies bei den meisten Hunden den Futterneid hervorbringt und es viel Gerangel ums Futter gibt. In einem Zwinger kommt es sogar zu einem Zwischenfall, sodass der Tierheimbesitzer dazwischen gehen muss, und das nicht sehr zimperlich. Das ist einfach zu viel für mich. Und so sehr ich mir vorgenommen habe, den Hunden mit Liebe und Mut zu begegnen, in diesem Moment kann ich nicht mehr. Also mache ich kehrt und gehe wieder in den vorderen Teil des Tierheims. Wir wollten den Hunden etwas Gutes tun und nun hat es Streitereien und Unmut gegeben. Stefania sieht dies und kommt mir nach. Die Frage, ob alles ok ist, ist in solchen Situation wirklich keine Hilfe und so breche ich vor ihr in Tränen aus. Und das möchte ich doch nicht. Ich möchte nicht ihre Arbeit herabsetzen, indem ich mit meinem Weinen zeige, dass für mich die Lebensqualität dieser Tiere nicht stimmt. Dann bricht auch Stefania in Tränen aus. Sie wisse, dass wenn man dies das erste Mal sehe, sei es deftig. Sie kenne es eben schon. Und es ist eben alles was sie für die Tiere machen könne, mehr kann sie ihnen leider nicht bieten. Auch wenn sie doch so gerne richtige Zuhause für alle Tiere hätte. Wir fassen uns beide relativ schnell wieder und ich fokussiere mich auf das, was ich ändern kann. Ich gehe zu Ayana und beschäftige mich mit ihr und so geht es mir schnell wieder besser. Aus diesem Grund haben wir von diesem Teil des Tierheims keine Fotos gemacht. Wir waren gerade selbst gefordert und es erschien uns nicht wichtig. Aber wir haben Fotos von einer freiwilligen Helferin aus Österreich (www.thehomelessdogs.eu), die bei einer Kastrationskampagne 2 Wochen vorher mitgeholfen hatte. Cristina hatte alle Hunde des mittleren Teils des Tierheims zum spielen rausgelassen. Normalerweise dürfen die Hunde nur am Wochenende in den Hof zum Spielen, da dann kein Besuch auf dem Gelände ist.
Bevor wir heute gehen, stellen wir die Transportbox neben Ayana’s Häuschen und legen alte Kleidung von uns rein. Cristina bezweifelt, dass Ayana sich reinlegen würde, weil sie Angst vor Boxen hätte. Wir hoffen, dass Ayana sich mit der Box anfreunden wird, weil reindrücken werden wir sie nicht. Und anfassen dürfen wir sie sowieso noch nicht.
Vor dem Tierheim warten schon die Hunde der Umgebung. Die haben schon verstanden, dass wir auch draussen Feuchtfutter verteilen.
Auf der Rückfahrt sehen wir wieder die Hündin auf der Stasse, welche wir am Abend zuvor schon gesehen hatten. An ihren Zitzen erkennt man, dass sie stillt. Aber von den Welpen ist keine Spur. Stefania hat für heute vorgesorgt und hat ein Sack Trockenfutter für sie dabei. Den mischen wir auch mit etwas Feuchtfutter und füllen noch einen Behälter mit Wasser. Stefania wird die Hündin mit Futter versogen, solange sie stillt. Zurück in Bukarest laden wir Stefania noch zum Essen ein, bevor wir uns verabschieden müssen.
Morgen wird Stefania arbeiten müssen und Freitags fahren wir zurück in die Schweiz. Unterdessen haben wir Nachricht von Rexis (der Hund, den wir heute Morgen in die Klinik gebracht hatten) Arzt bekommen. Die Masse konnte nicht weggeschnitten werden, da sie zusehr mit seinen Organen verwachsen ist. Es muss das Resultat der Biopsie abgewartet werden. Zudem hat eine potientielle Adoptivstelle auf dem letzten Drücker abgesagt. Ein ganz „normaler“ Tag für Stefania. Wir sind alle „hunde“-müde und fallen nach dem Essen gleich ins Bett.
DONNERSTAG, 9.6.2016
Wir haben noch fast 20 Paar Cervelat, die wir eigentlich als Leckerli für alle Hunde mitgebracht haben. Nachdem die Hunde aber gestern wegen dem Feuchtfutter gestritten haben, wissen wir gar nicht wirklich, ob das eine gute Idee ist. Trotzdem schneiden wir sie in Stücke und fahren dann wieder ins Maxi Pet um noch etwas getrocknetes Fleisch zu holen, damit wir wirklich genügend Leckerlis für alle haben. Natürlich wollen wir die Hunde der Wächter füttern, finden aber nur den einen. Als wir im Tierheim ankommen (wir haben es ohne Stefania sogar auf Anhieb gefunden ), kennen uns die Hunde des vorderen Teils bereits und begrüssen uns freudig. Und dann erwartet uns eine grosse Überraschung. Als wir in Ayana’s Zimmer kommen, sitzt sie in der Transport-Box In diesem Moment wissen wir, dass es richtig ist, sie mit nach Hause zu nehmen. Sie hat sich trotz grosser Angst vor Boxen in die Transportbox mit unseren Kleidern gesetzt. Als wollte sie sagen „lasst uns nach Hause gehen“. Einen kurzen Moment überlegen wir uns, gleich loszufahren. Aber es wäre zu spät, weil wir es bis zur Übernachtung mindestens aus Rumänien schaffen müssten, da hier keine Tiere im Hotel erlaubt sind. Vernünftig wäre es auch, noch etwas zu entspannen, bevor die lange Heimreise ansteht.
Wir besprechen mit Cristina, was sie von einer Leckerli-Runde für alle hält und sie findet es sofort eine gute Idee. Sie findet auch, dass das Feuchtfutter wirklich toll war für alle Hunde. Wir sind noch etwas skeptisch aber folgen Cristinas Rat. So gehen wir zu dritt von Zwinger zu Zwinger und alle – wirklich alle! – bekommen ein paar Leckerlis. Die Hunde bleiben ruhig, ausser diejenigen, vor deren Zwinger wir jeweils gerade stehen. Und die Hunde geniessen es. Ein paar Mal schaffen wir es nicht, allen Hunden Leckerlis zu geben, weil ein Hund Angst hat oder zu langsam ist. Dann können wir Cristina bitten und sie geht in den Zwinger und gibt demjenigen Hund die Leckerlis. Es ist schön zu sehen, wie die ängstlichen Hunde Vertrauen zu Cristina haben und auch, wie die Rabauken den langsamen Hund in Ruhe sein Leckerli essen lassen, wenn Cristina dabei ist. Die Beziehung zwischen den Tieren und Cristina ist gut und das stimmt mich sehr versöhnlich.
Heute gehen wir noch in den dritten Teil des Tierheims nach ganz hinten. Dort ist ein grosses Gehege für kleine und alte Hunde. Es sind sanfte Seelen und sie verstehen sich gut untereinander. Neben dem grossen Gehege hat es nochmals eine Reihe Zwinger. Die Leckerlis gehen gerade gut auf – für die Truppe vor dem Tierheim reicht es leider nicht mehr, aber die sind genauso happy, dass sie nochmal etwas Feuchtfutter bekommen.
Eigentlich wollten wir einen halben Tag in einem Park in Bukarest die Seele baumeln lassen, aber bis wir aus dem Tierheim kommen, ist es bereits 16 Uhr. Egal, die Kontakte zu den Hunden waren heute richtig intensiv und der Besuch im Tierheim stimmig. Auf dem Weg nach Bukarest halten wir bei der Fressensstelle für die stillende Hündin von der Strasse an, wo wir gestern ein Sack Trockenfutter hingelegt haben. Das Feuchtfutter ist weg und die hälfte des Trockenfutters ist auch gegessen. Also füllen wir nochmals auf, weil wir nicht wissen, wie schnell Stefanie wieder vorbeikommen kann.
Standardmässig besuchen wir Maxi Pet um noch ein paar Windelunterlagen fürs Hotel unterwegs zu kaufen. Den alten Hund der Wächter können wir immer noch nicht finden. Wir überlegen uns, ob wir jetzt lieber ins Bett fallen sollen, oder doch noch Bukarest einen Kurzbesuch abstatten sollen. Wir entscheiden uns für die zweite Option und sind schlussenlich froh darüber, mal etwas nur für uns gemacht zu haben. Auf gut Glück suchen wir einen Parkplatz im Stadtzentrum und finden wirklich recht schnell einen Zuerst betrachten wir Nicolae Ceausescu’s „kleinen“ Parlaments-Palast von der Nähe und schlendern nachher noch etwas durch das Lipscani Viertel, der Altstadt. Auf einem kleinen Platz ist ein Beach mit verschiednen Imbiss-Ständen eingerichtet und wir lassen dort den Abend ausklingen.
FREITAG, 10.6.2016
Tagwache heute früh ist 4 Uhr morgens. Für Morgenmuffel nochmals, das ist 3 Uhr morgens Schweizer Zeit! Wir haben um 6 Uhr im Tierheim abgemacht, um dem Morgenverkehr möglichst auszuweichen. Erster Halt – diesmal zum allerletzten Mal – Maxi Pet. Nicht dass es schon geöffnet wäre, aber wir wollen uns von den 2 Hunden verabschieden und nochmals gutes Futter hinstellen. Diesmal ist der ältere Hund gleich beim Wachpostenhäuschen. Einen netten Schwatz mit dem Wächter gibt es auch noch – so mit Händen und Füssen. Um viertel vor 6 Uhr sind wir beim Tierheim und Cristina und ihr Mann warten schon auf uns. Und Ayana sitzt schon wieder in ihrer Box Also nur noch Boxentüre zu und ins Auto mit ihr.
Jetzt wird sie doch etwas unruhig und beginnt im Kreis zu laufen. Sie hat Angst und wir können ihr nicht wirklich helfen, denn sie möchte bis jetzt ja nicht angefasst werden. Also bleibt mir nichts anders übrig, als einfach mit ihr zu reden, immer mal wieder ein Leckerli anzubieten und selbst ruhig zu bleiben. Das Summen gebe ich schnell auf, da Beat meint, ich müsse aufpassen, dass Ayana es nicht mit Heulen verwechselt Nach einer Stunde beruhigt sich Ayana und legt sich hin. Den Rest der Reise meistert sie hervorragend! Wir sind alle so froh, denn wir alle waren etwas nervös, wie gut Ayana die Reise überstehen würde und hatten Angst, dass der Stress einen Epianfall auslösen könnte. Bei Stefania fliessen Freudentränen, als ich ihr nach 2 Stunden Fahrt ein Video sende, in dem Ayana seelenruhig etwas trinkt. Das ängstliche Mädchen, das niemand mehr anfassen durfte, tut so, als wäre die Reise nichts Besonderes! Stefania’s Tag ist wieder rappelvoll: sie möchte ein paar kranke Hunde an einer Tankstelle einfangen und medizinisch versorgen lassen. Zudem kam heute der Bericht von Rexi (der Hund mit dem Krebsverdacht): es handelt sich um eine gutartige Entzündung, die geheilt werden kann!!! Es scheint ein Tag zu sein, an dem alles gut läuft! Schön für Stefania, weil sie muss genügend Tage erleben, an denen es nicht so einfach ist, eine aktive Tierschützerin in Bukarest zu sein.
Wir fahren möglichst an einem Stück durch. Während der eine fährt, schläft der andere hinten bei Ayana.
Immer wieder stoppen wir auf einem Parkplatz neben der Strasse, um uns die Füsse zu vertreten. Aber wirklich weit weg vom Auto wollen wir nicht, damit wir Ayana im Auge behalten können. Eigentlich wollten wir ja bis Österreich fahren, damit wir uns verständigen könnten, falls Ayana ein Problem hat, aber so 90 Minuten vor Budapest wird Ayana unruhig. Wahrscheinlich müsste sie mal für grosse Mädchen. Wir halten an und ich überlege mir, ob wir sie eventuell doch anleinen könnten, um sie etwas aus dem Auto zu lassen. Als ich den Käfig im Auto öffne und meine Hand reinstrecke, drückt sie ihr Köpfchen gegen meine Hand. Mit dem hätten wir echt nie gerechnet, dass die kleine Maus sich so schnell berühren lässt. Also werfen wir den Plan vom anleinen wieder über den Haufen, da wir ihr frisches Vertrauen nicht gleich wieder zerstören wollen.
Wir beschliessen noch bis Budapest zu fahren und dort zu übernachten. Dank Internet finde ich auch ein Motel ziemlich direkt an der Autobahn, welches Tiere erlaubt. Nach 13.5 Stunden reiner Fahrzeit und 931 km sind wir um 19 Uhr im Motel angekommen.
Mehrere Gäste des Motels essen auf den Stühlen vor dem Eingangsbereich Pizzen vom Delivery Service. Gleich daneben ölen sich 2 Bodybuilder in Unterhosen ein. Die Bodybuilder interessieren uns nicht, aber den Pizza Lieferdienst engagieren wir auch gleich und eine halbe Stunde später Essen wir Pizza in unserem Zimmer. Wir wollen Ayana ja nicht alleine im Zimmer zurücklassen. Sie hat sich unterdessen gut an das Zimmer gewöhnt, nachdem sie anfänglich nervös durchs Zimmer gelaufen ist und sich mehrmals an der Leiter des Kajütenbettes verheddert hat. Nach dem Abdecken der Leiter mit einem Badetuch erkennt sie das Hindernis besser und kann sich beruhigen. Das ganze scheint ihr nicht auf den Appetit zu schlagen, denn nachdem sie ihr Futter gefressen hat, würde sie wahnsinnig gerne noch etwas von unserer Pizza abbekommen :-)
Kurz darauf liegen Beat und ich im Bett und hoffen, etwas Schlaf zu bekommen. Ayana tigert urch den Raum und wenn sie sich hinlegt, verursacht sie durch ihre Zuckungen ein rhythmisches Rascheln. Ihre Zuckungen gehen durch den ganzen Körper und es sieht so aus, als hätte sie Schluckauf. Es ist neben den epileptischen Anfällen ein Teil ihres Krankheitsbildes, welche sie von der überlebten Staupe-Virus-Infektion davongetragen hat. Trotz Geräuschkulisse fallen unsere Augen bald zu.
SAMSTAG, 11.6.2016
Heute Morgen schläft Ayana wieder ruhig in der Box. Ich dusche im Plastikbadezimmer und halte nach kurzem den Wasserhahn-Griff in den Händen. Bedenklich finde ich, dass die nette Frau an der Rezeption nicht erstaunt ist, als ich ihr den abgebrochenen Griff in die Hand drücke. Das geschieht wohl öfters :-) Beat füttert unterdessen Ayana und sie geht nachher brav wieder in ihre Box. Um 7.15 Uhr sitzen wir schon wieder im Auto - unser Frühstück muss noch bis zur nächsten Raststätte warten. Heute fahren wir bis auf ein paar kurze Halte an Raststätten durch. Wir sind immer noch müde vom gestrigen Tag und müssen jede Stunde Fahrerwechsel machen. Gestern ging noch ein 2-Stunden-Turnus. Am Schweizer Zoll halten wir an und Ayana ist innerhalb von 5 Minuten ein Schweizer Mädchen mit Rumänischem Herzen. Die 977 km legen wir heute in 9.15 Fahrstunden zurück. Zuhause zeigen wir Ayana ihr Zimmer. Wir haben ihr ein Bettchen und ein riesen „Katzeklo“ vorbereitet. Da sie noch keine Treppen laufen kann und auch nicht angeleint werden kann, soll sie sich in den ersten paar Tagen in ihrem Zimmer versäubern können. Nach einem Abendessen legt sie sich dann ins Klo und schläft erschöpft ein. Da liegt wohl ein Kommunikationsfehler vor :-) Jaja, wenn Katzenmenschen Hunde haben!
Am Sonntagmorgen kuschelt sie sich das erste Mal an mich an. Wir sind angekommen!